aus der Festschrift "100 Jahren Kinderschützenfest Reininghausen" im
Jahr 1997
gesammelt und aufgeschrieben von Dr. Werner Schoppmann
Verweilen wir noch 'mal ein wenig in den 50er- und
60er-Jahren.
Dr. Wilhelm Stoffel, der erfahrene und begeisterte
Organisator des Festes, besonders der Krönung, nahm diese mit einer
kurzen Rede vor, in der es hieß:
„Wie bei jedem Schützenfest, so auch
hier in Reininghausen, muss ein Königspaar dem anderen weichen. - Ja,
lieber „alter König" und liebe „alte Königin": jetzt heißt es Abschied
nehmen von eurer Regentschaft.
Hoffentlich hat euch das Jahr eurer
Königswürde viel Freude gemacht und bleibt euch als schöne Erinnerung
für euer Leben. Nunmehr muss ich euch eurer Würdenzeichen entledigen und darf unserem
neuen König zunächst die Schärpe anlegen und ihm den Königshut als
Zeichen seiner Regentschaft aufsetzen. Als Zeichen deiner Würde, liebe
Königin, lege ich auch dir die Schärpe um und drücke dir das Krönchen
auf die Stirn. Ihr lieben Hoheiten, ich wünsche euch eine schöne
Regentschaft und bitte Sie alle, die Freunde des Kinderschützenfestes
Reininghausen, mit mir in den Ruf einzustimmen: Unser neues Königspaar, unser altes Königspaar, und immer wieder unser
neues und ewig junges Kinderschützenfest Reininghausen: Sie leben: Hoch,
hoch, hoch!!!"
Der Musikverein leitete dann mit zünftiger Musik zum fröhlichen Treiben
auf dem Spielplatz über. Bei Anbruch der Dunkelheit versammelten sich
Kinder und Eltern mit Fackeln und Lampions und geleiteten den neuen
König mit seinem Hof nach Hause, wo dann Dr. Stoffel das Fest mit der
jährlichen Fackelzugrede abschloss:
„Liebe Kinder, liebe Eltern,
meine Damen und Herren!"
Lassen Sie mich mit dem Anfang des Liedes: „So ein Tag, so wunderschön
wie heute, so ein Tag, der dürfte nie vergeh'n" meine kurze Ansprache
beginnen. Es ist allmählich Tradition geworden, dass neben der Krönung
auch abends noch einmal gesprochen wird. Haben Sie bitte keine Angst,
ich werde mich kurzfassen.
Der wunderschöne Tag, der nie vergehen soll, geht nun für euch, meine
lieben Kinder, zu Ende. Hoffentlich hat es euch gefallen, und ich
glaube, dass ihr auch auf eure Kosten gekommen seid. Aber keine Angst,
im nächsten Jahr sehen wir uns wieder, und an uns soll es nicht liegen,
euch wieder ein schönes Fest zu veranstalten.
Mein liebes Königspaar und alle anderen Würdenträger! Vor einigen
Stunden habt ihr alle um die große Königsehre gekämpft. Aber, so ist es
nun einmal im Leben, nur einer kann siegen. Und ihr, die ihr es jetzt
nicht geschafft habt, habt immer noch die Möglichkeit, in den nächsten
Jahren auch den Hut und die Krone zu erringen.
Liebe Kinder!
Ich habe euch heute beim Schießen beobachtet und gesehen, mit welchem
Eifer ihr bei der Sache ward. Wenn es in meiner Macht stünde, ich würde
einen jeden zum König ernennen; jedoch, es geht nicht, denn nur einem
gebührt dieses Recht.
Nehmt ihr Verlierer dieses aber nicht zu tragisch,
denn das Vogelschießen soll ein schönes Spiel sein, welches mit sehr
viel Nervenkitzel gewürzt ist.
Kinderschützenfest in Reininghausen: für euch ist es nun zu Ende. Eure
Eltern werden wohl heute Abend im Lokal Mussmann noch einige Gläschen
trinken,
und wir wollen es ihnen gönnen, denn was den Kindern recht ist,
muss den Älteren billig sein.
Also: wenn nun unser Zug zu Ende ist, legt
euch schön ins Bett, träumt vom Kinderschützenfest und freut euch auf
ein Wiedersehen im nächsten Jahr."
Und mit etwas Wehmut und stiller Freude gingen die Kinder nach Hause,
heimlich im Herzen den Gedanken tragend: „Nächstes Jahr werde ich
König!". Zu Hause stellten sie dann das Erinnerungsgeschenk, das ihnen
als Andenken an ihr Fest überreicht worden war (Frühstücksbrettchen mit
Messer, Gartenzwerg, Tasse mit Untertasse, und, und, und ...) zu den
anderen Souvenirs, und beim Hineindämmern in die ersten Träume
flüsterten sie leise vor sich hin: „Bis nächstes Jahr!"
Lassen wir den Film unserer Erinnerungen weiter an unserem geistigen
Auge ablaufen, dann müssen wir feststellen, dass der Wettergott durchweg
den Reininghauser Kindern wohlgesonnen war.
So auch 1966, als Wolfgang
Werner zum zweiten Mal die Königswürde erlangte. Doch in dieser Zeit
zeichnete sich im Dorf ein Generationswechsel ab; der Schützenzug von
Erhard Baltes aus dem Ostersiepen machte Halt am Haus von Dr. Stoffel,
wo der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Gummersbach dem langjährigen
Initiator und Förderer des Kinderschützenfestes Reininghausen ein
besonderes Ständchen brachte, und Franz-Josef Hütt dankte im Namen aller
Reininghauser Bürger „für alle Mühen, die Dr. Stoffel in den vergangenen
Jahren aufgebracht hat.
Aus gesundheitlichen Gründen musste sich Dr.
Stoffel diesmal etwas im Hintergrund halten, aber Sohn Hartmut hat ihn
würdig vertreten. Er bewies ein gutes Organisationstalent und hatte die
Regie des Festes sicher in der Hand." Genau eine Stunde dauerte in jenem
Jahr der Kampf um den Kuchenvogel. Dann rollte das letzte Stück auf die
Wiese, die Büchsen wurden eingesammelt und Hartmut Stoffel kommandierte
das Ganze zum „Hof-Aussuchen",
von der Presse wie folgt kommentiert:„Wolfgang (Werner) saß dazu auf den Schultern eines Großen und wurde
immer verwirrter, weil lauter Finger in die Luft stachen, deren Besitzer
zum Hof gehören wollten. Tief befriedigt stellten die drei Fahnenträger
fest, dass man ihrer auch diesmal wieder bedürfe.
Susanne Hütt (heutige
Frau Kleinebrecht) hatte nichts dagegen, Königin zu werden, und die
Eltern - an schiefen Tischen und auf langen Bänken platziert - lächelten
milde und stolz."
Der Chronist kann nun bereits aus eigenem Erleben und
Mitmachen berichten. Als Neubürger waren wir seit 1964 sehr schnell von
den Reininghauser Nachbarn, die lt. Aussage einer damaligen
Persönlichkeit in Gummersbach „alles komische Menschen" waren, in die
Dorfgemeinschaft aufgenommen worden.
Von Stund' an haben wir uns hier
wohlgefühlt und unsere Kinder sind echte Reininghauser. Und was nun das
„Komisch-sein" angeht, so war dem besagten Herrn offenbar ganz und gar
entgangen, dass die Reininghauser ausgesprochene Individualisten sind;
recht eigenwillig, wenn nicht oft sogar eigensinnig, aber im
entscheidenden Augenblick bereit, über den eigenen Schatten zu springen
und in der Gemeinschaft zusammen zu arbeiten.
Hier liegt die Wurzel für
den Erfolg von 100 Jahren Kinderschützenfest.
Blättern wir weiter im
Buch der Erinnerungen und rufen den einen oder anderen Kommentar zu
unserem jährlichen Fest ab. 1967 holte Peter Ullrich mit seiner Königin
Marion Blank (heutige Frau Jacobs) die Königswürde in die
Weckenbergstraße.
1968 las man in den Gazetten:
Wie kein anderes Fest seiner Art im
Oberbergischen gewinnt das Kinderschützenfest Reininghausen von Jahr zu
Jahr mehr an Bedeutung.
Gestützt auf den guten Ruf über Jahrzehnte konnte es die Dorfgemeinschaft in diesem
Jahr getrost wagen, die Veranstaltung an zwei Tagen zu feiern. Am Samstagabend stimmten sich die
Erwachsenen in einem im Unterdorf aufgebauten Zelt auf den Haupttag ein. Einen besonderen Akzent erhielt das Fest am Sonntag
dadurch, dass Frau Hedwig Bergerhoff geb. Neek vor 71 Jahren
Kinderschützenkönigin von Reininghausen gewesen war, während Willi Rippel und Addi Havez geb. Hausmann vor 40 Jahren die Königs- bzw. Königinnenwürde und -bürde trugen.
Auch Kuchenvögel können zäh sein: über
eine Stunde brauchten in jenem Jahr die 15 Bewerber, bis Christoph Hütt
(10 Jahre) der königliche Schuss gelang.
Gabi Herbst (heutige Frau Roth)
wurde seine Königin.
Bei der Königskrönung nahm Hartmut Stoffel die
Gelegenheit wahr, die Verdienste Hans Kessler's nach Gebühr zu würdigen.
Für Speise und Trank war an beiden Festtagen gesorgt - überreichlich
sogar! Ein Überangebot an Würstchen - damals noch in Eigenregie gebraten
und verkauft - blieb unverzehrt.
Aber da man in Reininghausen schnell
und gut improvisieren kann, wurde nach dem Abbruch am Montagabend ein
„Abbruch-König" kreiert. Der erste Abbruch-König von Reininghausen wurde
Rudi Werner, der zu später Stunde auch in einem Festumzug mit Lampions
nach Hause gebracht wurde - er wurde in der Schubkarre bis zu seinem
Haus gefahren!
Damit waren die Würstchen vor dem Verderb gerettet und
der gute freundnachbarliche Geist, der in Reininghausen zu Hause ist,
hatte auch diesen „Kampf dem Verderb" gewonnen.
Zu diesem ersten Fest mit gleichzeitigem Dorfabend - übrigens einem der
gelungensten Feste insgesamt - hatte der Vorstand alle ehemaligen
Schützenkönige eingeladen. Als Vertreter der „alten Garde" begrüßten wir
aus dem Jahre
1928: Willi Rippel und Addi Havez
geb. Hausmann
1929: Werner Stoffel und Margot Mücher geb. Lenz
1930: Rudi Werner und Hildegard Schnellenbach geb. Lepperhoff
1931: Helmut Baltes und Lieselotte
Schmidt
1932: Harald Aulmann und Betti
Schöneborn geb. Hesse
Und wo wir schon beim Erinnern sind: der Chronist nennt einige Namen von
Dorfbewohnern, die die Geschichte des Kinderschützenfestes entscheidend
mitbestimmt haben, leider aber dieses Jubiläum nicht mehr mit uns feiern
können - ihnen gilt ein ehrendes Gedenken:
Willi Baltes
Elli Bühne
Willi Hahne
Martin Hardt
Erich Havez
Paul Hollenberg
Alfred Kießling
Adolf Mücher
Dr. Wilhelm Stoffel
Sie alle haben mit Originalität, Humor und großer Einsatzbereitschaft
unser Fest mitgestaltet, wie auch die „Kakaofrauen"
Else Baltes (spätere Frau Stoffel)
Paula
Kießling
Elisabeth
Pickardt (heutige Frau Rogge)
Helene
Pickardt
Die Königskette nennt uns seit 1950 die Namen der jährlichen Könige.
Jeder Junge zwischen sechs und dreizehn Jahren strebt danach, einmal
Schützenkönig in Reininghausen zu werden.
So steigt die Spannung jedes
Jahr auf den Siedepunkt, und alles zittert und drückt die Daumen, wenn
es um das Vogelschießen geht.
Ist der Vogel dann gefallen, braucht sich
der neue „Herrscher" keine Gedanken um seinen Hof zu machen: er wird
umringt und bedrängt von einer lärmenden Schar von Anwärtern, die
unbedingt Hauptmann, Fahnenträger usw. werden wollen.
Und dann gibt es
manchmal bittere Tränen der Enttäuschung, denn das Warten bis zum
nächsten Jahr zehrt an den Kräften! So mancher Junge aus den
Nachbarorten beneidet seine Reininghauser Freunde, und der Eine oder
Andere versuchte schon, sich unter die Schützen zu schmuggeln - aber wo
sollte er residieren, falls ihm das Glück wohlgesonnen war?
Also mussten
sich die Erwachsenen etwas einfallen lassen, wie man den Kindern gerecht
werden konnte. Schließlich durften - als zweite Neuerung in 1968 - die
Jungen aus den benachbarten Orten den „Gästekönig" ausschießen, dem dann
als Preis ein Lederfußball überreicht wurde und der mit im Schützenzug
gehen und am Königsessen teilnehmen durfte.
Eine weitere Änderung der
Schießmodalitäten gab es erst wieder 1996, als nach langem Drängen zum
ersten Mal die Reininghauser Mädchen auch auf einen der seit Jahren von
der Bäckerei Holzmann gespendeten Vögel schießen durften.
Katharina
Fischbach wurde die erste „Meisterschützin" Reininghausens und konnte
einen schönen Pokal mit nach Hause nehmen. Dies bedeutete allerdings
gleichzeitig das „AUS" für den Gästekönig, denn dreierlei Vogelschießen
gleichzeitig war und ist aus organisatorischen Gründen nicht machbar. Die Organisation des
Kinderschützenfestes war mit der Gründung der „Dorfgemeinschaft
Reininghausen e.V." fest in die Hände des Vereins gelegt worden.
Aber
nicht immer herrschten Einigkeit und Frieden in der Dorfgemeinschaft.
Der Individualismus schlug manchmal hohe Wellen, jeder wollte Recht
haben, jeder wollte seinen Vorschlag durchsetzen.
Keiner war zum
Kompromiss bereit oder zu konstruktiver Mitarbeit außerhalb der Festtage
- bis auf einige Wenige, die immer bei der Stange blieben.
Die
Gegensätze eskalierten so sehr, dass es im Jahre 1974 zu dem Antrag auf
Auflösung des Vereins kam. Dieser Antrag wurde jedoch nach längerer,
intensiver und - wie üblich - lautstarker Debatte abgelehnt. Man
versprach sich 'mal wieder gegenseitiges Wohlwollen und
Vereinsdisziplin. Für die ersten paar Jahre kehrte relativer Frieden in
unserem Tal ein, den Vereinsmitgliedern wurden vom damaligen Vorstand
unter dem Vorsitzenden Hermann Fuchs Karnevalsfeiern und gemütliche
Abende als Ausgleich für geleistete Arbeit beim Kinderschützenfest
„genehmigt".
Doch 1977 wurde der
nächste Tiefpunkt erreicht.
Bei der außerordentlichen
Mitgliederversammlung am 09. März 1977 im Vereinslokal „Würdener Hof
wurde aber Hans Kessler mit 30 Stimmen (bei einer Enthaltung) zum 1.
Vorsitzenden gewählt.
Er nahm die Wahl an und führte den Verein für die
Dauer eines Jahres. Die übrigen Vorstandsmitglieder wurden einstimmig
gewählt.
Für das Fest 1977 wurde auf Vorschlag von Hans Kessler wieder
ein Pferd -bzw. mehrere - mit Kutsche eingesetzt, nachdem Werner's
Flora, die früher im Schützenzug dabei gewesen war, in den Pferdehimmel
ging.
Für den Würstchenverkauf musste nun eine fremde Wurstbude
aufgestellt werden, da die Vereinsmitglieder nicht so schnell ein
Gesundheitszeugnis bekommen konnten.
Doch die dunklen Wolken zogen immer wieder neu über unser sonst so
friedliches Reininghausen.
Auf der Jahreshauptversammlung am 03. März
1978 erklärte Hans Kessler seinen endgültigen Rücktritt vom Amt des 1.
Vorsitzenden, da die Beteiligung an den allgemeinen Arbeiten - in erster
Linie auf dem Kinderspielplatz - viel zu gering sei.
Das alte Lied!!
Sondierungsgespräche mit der Stadt sollten diese dazu bewegen, die
Pflege des Platzes zu übernehmen; im Vorgriff sei gesagt, dass dieses
dann auch geschah. Hans Kessler erklärte sich bereit, den Vorsitz bis
zur außerordentlichen Mitgliederversammlung am 07. April 1978
kommissarisch weiterzuführen - dann übernahm er ihn aber dankenswerter
Weise wieder!
Im Frühjahr 1980 wurde er durch seinen Vize, Wolfgang Häcke, für ein Jahr abgelöst.
Den dramatischsten Höhepunkt erreichte die Vereinsgeschichte dann am 03.
April 1981, als es bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung
wieder einmal um die Auflösung der „Dorfgemeinschaft Reininghausen e.V."
ging. Wieder einmal sah sich der 1. Vorsitzende nicht in der Lage, in
Anbetracht der Rückzugsabsichten bewährter Helfer einen geordneten
Festablauf zu gewährleisten.
Es kam nach heftiger Diskussion zu dem
Antrag, die Auflösung des Vereins zum 02. April 1982 zu beantragen.
Die
laut Satzung für die Auflösung erforderliche 2/3-Mehrheit wurde aber
gottlob nicht erreicht.
Wie ein „deus ex machina" erschien in diesem
Augenblick aus der benachbarten Schankstube Waldfried Baumhof und
erklärte nach einer stürmischen Diskussion über das unerwartete Ergebnis
seine Bereitschaft, unter bestimmten - noch besonders zu erläuternden -
Bedingungen den Posten des 1. Vorsitzenden zu übernehmen.
Er wurde
einstimmig für zwei Jahre gewählt, wie auch der gesamte übrige Vorstand.
Die Mitglieder wurden zur aktiven Mitarbeit aufgerufen, und Waldfried
Baumhof gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass ein Experiment der
Verringerung der arbeitsintensiven Vereinstätigkeiten erfolgreich sei
und den Verein wieder auf eine gesunde Basis stelle.
Es wurde dann
einstimmig (bei zwei Enthaltungen) beschlossen, der Fa. Otto Kessler für
ein Jahr das Zelt auszuleihen.
Als um 23:10 Uhr die Versammlung
geschlossen wurde, war in unserem Dorf wieder Frieden eingekehrt, und
der Aprilmond schien auf viele glückliche Menschen. Dieser Friede hat
sich bis heute erfreulicherweise gehalten.
Die Durchführung der Kinderschützenfeste wurde durch die internen
Vereinsquerelen dankenswerterweise nie berührt. Jahr für Jahr wurde zum
Fest eingeladen, wobei es auch immer wieder schöne Neuerungen gab. So
haben wir 1973 zum ersten Mal einen Luftballon-Wettbewerb gestartet -
der Sieger wurde bei der Nikolausfeier, die der Verein jetzt jährlich
durchführte, geehrt.
Ferner gab es häufig Ponyreiten und Kutschfahrten.
Außerdem verlegte man die Bewirtung des Hofstaates auf das Festgelände.
Dies bescherte zwar den Müttern der Jungen zwischen 6 und 14 Jahren
einen wesentlich ruhigeren Sonntag, kostete aber gleichzeitig den
Verlust des traditionellen Fackelumzuges, mit dem zuvor die glücklichen
Höflinge und ihr Regent zum Abendessen geleitet wurden.
Eine weitere
erfreuliche Zugabe war die Einladung an die Senioren des Dorfes zu
Kaffee und Kuchen am Sonntagnachmittag, was sich zu einer schönen
Tradition seit 1982 entwickelt hat.
Ebenfalls nicht unerwähnt bleiben
sollen die Altenbetreuung, für die Ingrid Fuchs seit Jahren tätig ist,
sowie die jährlich in der Adventszeit durchgeführten Seniorentreffen.
Doch zurück zu der Hauptaktivität des Vereins, dem Kinderschützenfest.
Nach den diversen Majestäten der 70er-Jahre holte sich nach zähem Ringen
mit dem 526. Schuss Jörg Tontch den Sieg im Jahre 1981 und brachte damit
nach langer Zeit wieder einmal den Vogel in den „Ostersiepen".
Seinem
Kontrahenten, Mike Domian, im „Gästevogel“-Lager glückte der Sieg schon
mit dem 400. Schuss.
Anfang der 80er-Jahre war der Besuch der Feste recht dürftig. Ein
Alarmzeichen? Bröckelte die Dorfgemeinschaft ab?
Und wie konnte man
Abhilfe schaffen? So wie das Wetter sich wendet, so auch die Gunst für
das Kinderschützenfest?
1982 jedoch sah das Bild dann wieder völlig
anders aus. Die Kosten, Auflagen und Mühen beim Zeltaufbau waren
mittlerweile so gestiegen, dass man auch hier eine Änderung suchen
musste. Da bot sich die Mensa der Fachhochschule, die neuerdings das
Ortsbild mitbestimmte, als Festsaal an.
Für die damals stolze Miete von
DM 1.200,— waren uns wetterunabhängige Räume mit allen sanitären
Einrichtungen sicher, die wir gern in Anspruch nahmen. Die Bevölkerung
nahm die neue „Residenz" begeistert an, und so war am 04. September 1982
die Mensa „proppenvoll" beim Dorfabend, wo „unser Paulchen" zur
Ballkönigin gewählt wurde - eine Ehre, die ihr am Sonntag die Mitfahrt
in der Kutsche von König Jörg Tontch und Königin Anne Schoppmann
(heutige Frau Schnell) zum Festplatz bescherte.
Selten hat bei einem
Kinderschützenfest jemand so herrlich und glücklich gestrahlt wie
unsere Paula Kießling!
Der erste Regent in den neuen Hallen der Fachhochschule wurde am 05.
September 1982 Erik Schoppmann, der mit dem 187. Schuss den Vogel
erlegte. Sandra Haas wurde seine Königin. Vergessen wir aber nicht den
negativen Punkt dieses Festes: 12 Gäste mussten mit Wespenstichen zur
Notaufnahme ins Krankenhaus gebracht werden!
In den folgenden Jahren verliefen
unsere Feste ohne jegliche Zwischenfälle, lediglich ließ der Besuch bei den samstäglichen Dorfabenden erheblich
nach. Selbst die Versteigerung von jeweils zwei Heißluftballon-Fahrten
in den Jahren 1990 und 1992 sowie die Verlosung einer Paris-Reise
konnte die Menschen nicht sonderlich
mobilisieren.
Die für den Tanz georderte Musik spielte bis 22:00 Uhr
meistens vor leeren Stühlen. Lag es daran, dass die vielen Neubürger
keinen Anschluss finden wollten oder konnten? Oft gab es aber auch in
der Nachbarschaft Sommerfeste, Polterabende
oder Fußballspiele im Fernsehen,
die die Besucher von unserem Fest fernhielten.
Einen weiteren - wenn auch nicht so spektakulären - Wechsel im
Vereinsvorstand gab es 1989, als Waldfried Baumhof seinen Vorsitz
wiederum an Wolfgang Häcke übergab, der ihn auch bis heute innehat. Außerdem wurde in jenem Jahr von Familie Grabmann der „Hedwig-Neek-Orden" erstmalig gestiftet
- zur Erinnerung an den 100. Geburtstag von Hedwig Neek, der ersten
Schützenkönigin von Reininghausen im Jahre 1897.
Dieser Orden wird der
neuen Königin in jedem Jahr mit den
übrigen Insignien verliehen und bleibt in ihrem Besitz.
Ungeachtet aller Probleme hoffte die Dorfgemeinschaft, ruhig und
friedlich das 100-jährige Jubiläum in diesem Jahr zu erreichen, da kam 1996 - wie
konnte es auch anders sein! - 'mal
wieder ein Rückschlag.
Nachdem die meisten Vorbereitungen für das Fest
getroffen waren, kam der Bescheid, dass die Mensa trotz vorheriger Zusage nicht
zur Verfügung stehe. Maßgeblich hierfür war eine ernsthafte Erkrankung des
zuständigen Verantwortlichen bei der FH Gummersbach (mit dem die
Dorfgemeinschaft ein sehr gutes Verhältnis hat) sowie die fehlende Bereitschaft
seines Vertreters, dem Verein die Nutzung der Mensa ohne
„höchstrichterliche Genehmigung" zu gestatten.
Das war ein schlimmer
Schock!
Doch so etwas kann die Reininghauser nicht erschüttern. Sie
hatten doch nicht zum ersten Mal improvisieren müssen. Also holte man
einmal tief Luft und griff zur
Selbsthilfe.
Der 1. Vorsitzende, Wolfgang Häcke, ergriff mit Sinn und
Verstand energisch die Initiative, denn darüber waren sich alle klar: so durfte unser Fest
nicht zerstört werden. Also suchte man Antwort auf die dringendsten Fragen:
Wo gab es ein Zelt zu leihen? Man fand
eines!
Wo konnte man das Zelt aufbauen? Natürlich auf dem
innerörtlichen Bolzplatz - die Stadt Gummersbach half absolut unbürokratisch: die Genehmigung wurde schnell erteilt und schon am nächsten Morgen waren Spielplatz und Bachböschung
gemäht! Ein separater Stromanschluss wurde hergestellt, und für die
Wasserversorgung erklärte sich die benachbarte Familie Bachmann
zuständig!
So stellte man Buden sowie Bier- und Würstchenstand am Zaun entlang
auf und hatte einen idealen, zentralen Festplatz, auf dem sich alle Gäste wohlfühlten. Wann
wurde zuletzt bis nachts um 2:30 Uhr in Höchststimmung gefeiert?
Sonntags musste in einer der Buden provisorisch der Schießstand für's Vogelschießen eingerichtet werden, auch das gelang. 10 der Spielgeräte für die Kinderbelustigung, die Dieter Hoffmann vor Jahren
mit viel Fleiß, Energie und Freude gebaut hatte, stellte man auf dem Kinderspielplatz auf, und... - das Fest wurde ein voller Erfolg. Jung und Alt vergnügten sich zwei Tage
königlich. Und an diesem Sonntag war sogar Petrus ein Reininghauser und
spielte mit herrlichem Sonnenschein mit, so dass unser neuer König
Tobias Giebeler mit seiner Königin
Jessica Schmidt ein rauschendes Fest feiern konnte und getrost
dem Ende der 99. Regentschaft entgegensehen kann.
1996/97: Der amtierende König und sein Gefolge.
Von links (vordere Reihe): Sebastian Müller, Silvia Schmidt, Anika Hoffmann, Ira Freude, Patrick Giebeler
(2. Reihe): Mark Spindler, Tobias Giebeler, Jessica Schmidt, Ina Brüning, Anne Freude, Pascal Hoffmann, Alexander Müller
(hintere Reihe): Daniel Giebeler, Andreas Otte
Nun kann man mit Fug und Recht sagen, dass alle Dorfbewohner und Freunde des
Kinderschützenfestes Reininghausen sich für die folgenden 100 Jahre (ein
zu vermessener Wunsch???) wünschen, dass es noch oft heißen möge: „Wie
in jedem Jahr, so hatte sich am Sonntag in Reininghausen wieder ein
frohes Schützenvölkchen zusammengefunden, um dem Kuchenvogel den Garaus
zu machen. In kleinen Stücken musste er von der Stange geholt werden,
und endlich gelang der glückliche Schuss. Der neue König wählte sich
seine Königin, und unter dem Jubel der Festfamilie wurden sie am
Nachmittag gekrönt.
Reininghausen im Juni 1997
Dr. Werner Schoppmann